Der Kakao für unsere Schokolade kommt aus den benachbarten westafrikanischen Ländern Ghana und Elfenbeinküste und wird im Wesentlichen von Kinderhänden für uns geerntet. Wie das Endprodukt, die Schokolade nämlich, schmeckt, das wissen die meisten dieser Kinder und ihre Eltern nicht, die Kakao-Bauern auch nicht, denn wer arm ist, kann sich die süße Sünde nicht leisten.
Die Rede ist immerhin von über zwei Millionen Kindern im Alter von fünf bis 17 Jahren. Das sind nach einer Studie des US-Arbeitsministeriums vom Oktober 2020 circa 43 Prozent aller Kinder, die für die beiden weltweit größten Kakaoproduzenten arbeiten. Sie sind es, die den täglichen schweren Job als Erntehelfer zum Teil in Nachtschichten durchstehen müssen. Dabei ist diese Art Arbeit auch noch gefährlich, müssen doch die Schoten, die die Kakaobohnen enthalten, mit Macheten von den Bäumen abgeschlagen werden. Die prall gefüllten Säcke sind gerade für Kinder extrem schwer, von Arbeitsschutz keine Spur. Überdies sind die Spritzmittel gegen das Unkraut hochgradig giftig.
Zu den Hauptautoren der oben erwähnten Studie gehört Kareem Kysia. Er ist der Leiter der „Forschung über gefährdete Bevölkerungsgruppen“ am NORC an der Universität von Chicago. Er erläutert dazu, dass die Produktion von Kakao zwischen 2008 und 2018 einen sehr starken Anstieg von 62 Prozent erfahren hat und sich der Kakaoanbau immer mehr nach Ghana und Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste) verlagert hat, weil es dort praktisch keine Infrastruktur zur Überwachung von Kinderarbeit gibt und ein Bewusstsein für deren Verhinderung schon gar nicht.
Schaut man sich die Entwicklung etwas genauer an, kommt man eindeutig zu dem Ergebnis, dass die Bestrebungen von Regierungen und der Industrie, die Kinderarbeit auszumerzen, bisher nichts gebracht haben. Im Gegenteil: Diese extrem gefährliche Kinderarbeit nahm in diesen Ländern immer weiter zu.
Gerichte auf Konzern-Seite
So sollte mit dem Harkin-Engel-Protokoll aus 2001 die Kinderarbeit schon bis 2005 abgeschafft werden. Unterzeichner waren die US-Senatoren Harkin und Engel sowie Vertreter von NGO´s und Schokoladenherstellern. Dreimal wurde diese Frist verlängert. Nun soll Kinderarbeit bis 2025 auf 70 % des aktuellen Niveaus gesenkt werden. Das Ziel der kompletten Abschaffung ist nun selber abgeschafft.
Sechs ehemalige Kindersklaven wollten 2005 ihre Rechte vor einem US-Gericht einklagen. Mit einer Mehrheit von acht zu einem Richter wurde die Klage gegen Nestlé und Cargill 2021 abgeschmettert. Grundlage des Verfahrens war der Alien Tort Statute, nach dem Konzerne auch für Verbrechen im Laufe der Lieferketten verantwortlich sind.
2021 reichten acht weitere Ex-Kindersklaven in den USA Klage ein. Sie wurden aus Mali entführt und zur Arbeit gezwungen. Beklagte waren die Konzerne Nestlé, Cargill Cocoa, Barry Callebaut USA LLC, Mars, Olam America, Hershey Company und Mondelz. Nach dem TVPRA (Trafficking Victims Protection Reauthorization Act) von 2017 wären die Konzerne zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet. Auch sind die Beklagten eigentlich Mitunterzeichner des Harkin-Engel-Protokolls. Unterstützt wird die Sammelklage vom IRA (International Rights Advocates).
Dieselben gut bekannten Firmen, die unsere Supermarktregale mit Mars, Snickers, M&M oder Milka-Schokolade füllen und den Bauern genau dafür die Kakaobohnen abnehmen, zahlen wenig dafür, zu wenig. Damit die Kinder wieder in die Schule gehen können, wo sie hingehören, müsste der Preis für die Bohnen mindestens verdoppelt werden, sind sich Experten einig.
Was jeder von uns in Deutschland tun kann, ist, sich stets für Schokolade mit einem Fairtrade-Siegel (gerechter Handel) zu entscheiden. Firmen, die bestimmte Regeln befolgen, zum Beispiel nur Kakaobohnen abnehmen, die nachweislich nicht von Kinderhänden geerntet wurden, können ein solches Siegel beantragen.